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Bürgerverein Linumhorst

Festschrift 70 Jahre Linumhorst

Autor: Heinzpeter Thümmler

Der 14. Januar 1938 kann als das Gründungsdatum von Linumhorst angesehen werden. Im Dorotheenhof trafen sich an diesem Tage einige Herren aus Berlin mit einem Vertreter des Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg, Dr. von Laer, die mit den Vertretern der Landgesellschaft "Eigene Scholle" G.m.b.H., das war der Geschäftsführer Dr. Blum aus Frankfurt/Oder und der Bauer Blumenberg ebenfalls aus Frankfurt/Oder und für die Luchabteilung in Bergerdamm der Landwirt Gotthard Garlipp, über die weitere Entwicklung des angrenzenden Luchs berieten und am Ende beschlossen, ein neues Wirtschaftszentrum, das spätere Linumhorst, zu gründen.

Für den Kreis Osthavelland, damals gehörte unsere Gegend zu diesem Kreis mit der Kreisstadt Nauen, kamen Assessor Wismann und Kreisbauinspektor Anders vom Landrat aus Nauen, die Kreisbauernschaft wurde durch Kreisbauernführer Ebel aus Vehlefanz und dem Neubauernberater der Landwirtschaftsschule Luisenhof, Landwirtschaftsrat Ehrhardt aus Oranienburg, vertreten. Für die Landesbauernschaft Kurmark kam Dr. Borges aus Berlin.

Linumhorster Kinder
Linumhorster Kinder, Foto:

Die "Eigene Scholle", gegründet am 28. Juni 1910, war schon als Ansiedlungsgesellschaft bekannt, die auch schwieriges Land zur Kultivierung vorbereitete. Sie hatte schon jahrelang intensive Kontakte zu unserer Gegend. So ließ sie ab 1921 das Gut in Amalienfelde aufteilen und gärtnerische und landwirtschaftliche Betriebe entstehen. 1926 kaufte sie das Rittergut Wall und es entstanden dort über 30 Bauerngehöfte.

Nun hatte die Gesellschaft die Aufteilung des Rittergutes in Staffelde mitübernommen.

Die Siedlungsgesellschaft Landbank (Berlin, Dessauerstr.) erwarb im November 1933 das Rittergut, um Siedlerstellen zu schaffen. Mit erworben wurde das Vorwerk Dorotheenhof mit rund 500 ha Luchflächen, davon ca. 350 ha noch unkultiviertes Ödland. Der Rest in der Nähe des Vorwerkes wurde als Grünland und ca. 30 ha als Ackerfläche genutzt. Wegen unzureichender Entwässerung und völlig ungenügender Wegeverhältnisse waren die Voraussetzungen für Siedlerstellen noch nicht gegeben. Diesen Teil des Rittergutes verkaufte die Landbank an die "Eigene Scholle". Von der Straße Linum-Kremmen bis zum Rhin erstreckte sich das Gelände. Die "Eigene Scholle" übernahm das, weil sie sich u. a. auf die relativ billige Hilfe des Freiwilligen Arbeitsdienstes (FAD), seit 1935 Reichsarbeitsdienst (RAD), verließ.


Es entstand das Luchsiedlungsvorhaben Staffelde.

In diesem Zusammenhang wurden einige Siedlungen am Dorotheenhof aufgebaut. Der überwiegende Teil des Landes blieb in den Händen der "Eigenen Scholle" und wurde von den Arbeisdienstleuten urbar gemacht.

1935 wurde definitiv entschieden, dass das Luch zur Besiedlung geeignet ist. Die "Eigene Scholle" erkannte ihr Geschäft und begann, sich in großem Maße Luchland zu besorgen.

Ein Wirtschaftszentrum, den Moorhof, hatte sie an der neuen Straße Dorotheenhof-Rhin 1937 bereits gebaut. Nun sollte ein größeres folgen, und das sollte an der 1926 neugebauten Luch- Chaussee zwischen Flatow und Wustrau liegen, und zwar östlich des Birkhahndammes, heute auch "Hühnerdamm" genannt. Zeitzeugen aus Linumhorst erzählten, dass man auf diesem Wege mit dem Rad in etwa 20 Minuten in Linum war. Leider kann man diesen Weg heute nicht mehr benutzen.

Als neues Wirtschaftszentrum wurden von der "Eigenen Scholle" am 14. Januar 1938 zunächst 3 Bauerngehöfte und 1 Wohnbaracke für 4 Familien geplant. Alle Teilnehmer stimmten überein, dass der Bautyp dem des Moorhofes entsprechen sollte. Steuern und andere Abgaben wurden geregelt. Alle 12 Teilnehmer stimmten dem Vorhaben der "Eigenen Scholle" zu.

Die im Moorhof gebaute Siedlerstelle wurde nicht vergeben, sondern nach dem Ausbau des Zentrums Linumhorst 1941 an den "Bodenwirtschaftsdienst in der Arbeitsgemeinschaft Spar- und Siedlungswerk e. V. zu Berlin" vermietet. Hier wurde begonnen, Meliorationsspezialisten auszubilden, die später helfen sollten, im Osten Land urbar zu machen. Die Kriegslage ließ das Unternehmen bald scheitern, die jungen Leute mussten an die Front und der Mietvertrag wurde gelöst.

Vor dem Beschluss vom 14.01.1938 hatte die "Eigene Scholle" Luchland" gekauft.

Allein im letzten Quartal 1937 kaufte sie 300,1674 ha Land für 76 110 RM.

Dabei waren auch Ländereien, wie z. B. 36,89 ha von Rudolf Mangelsdorf, jun., aus Linum oder 3,7990 ha von Richard Steinert aus Linum und auch 75 ha (für 36 000 RM) von der Stadt Kremmen, die lediglich als Austauschflächen gedacht waren, um eine leichtere Arrondierung des Grundbesitzes bewerkstelligen zu können.

Bis 1.4.1938 hatte die "Eigene Scholle" bereits gekauft:

Das neue Wirtschaftszentrum stand auf Land, das zur Gemeinde Linum gehörte. Mit Hochdruck ging man an den Bau der Gebäude. Bereits am 23.4.1938 wurde an den Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg berichtet, dass zur Errichtung von drei Neubauernhöfen das Steinmaterial angefahren worden ist und mit dem Aufbau einer Wohnbaracke für Arbeiterfamilien noch im Berichtsquartal begonnen werden würde.

Der Bericht erwähnt den Weg vom Dorotheenhof bis zum Moorhof, der in der unteren Hälfte bereits fertig war und für den in der oberen Hälfte gerade Sand angefahren wurde.

Der Ausbau des Weges längs des D-Grabens vom Moorhof bis zur Flatow-Wustrauer Chaussee war beendet. Lediglich eine Überkiesung folgt noch, dann ist der Moorhof von der Flatow-Wustrauer Chaussee auf festem Weg erreichbar, heißt es in dem genannten Bericht.

Der Weg vom Dorotheenhof zum Moorhof war Ende 1938 fertig. Zum Bau des Weges vom Moorhof zum Rhin - 3,5 km - wurden im Dezember 1938 vom Reichsarbeitsdienst schon Feldbahngleise verlegt. Und durch den Reichsarbeitsdienst wurden zu dieser Zeit die beiden Höfe, alter und neuer Moorhof, befestigt (die obere Moorschicht wurde abgetragen und dafür Sand aufgeschüttet, auf den dann eine Schotterschicht kam).

In der Zeit des Aufbaus nannte man das Zentrum, das spätere Linumhorst, auch "Zwischenwirtschaft an der Flatow-Wustrauer-Chaussee".

Neulandgewinnung
Neulandgewinnung, Deutsches Bundesarchiv, Eugen Heilig

Im Juli 1938 stand bereits eine Wohnbaracke für 4 Familien, im Oktober standen schon 2 Neubauernhäuser und 2 Scheunen, noch zu errichten waren zu diesem Zeitpunkt 1 Wohnhaus, 1 Scheune und 1 Futterbaracke. Die Wohnhäuser waren mit Rohr gedeckt. In der Scheune wollte man Mitte Januar 1939 den Milchviehbestand unterbringen. Im Frühjahr sollten dann noch eine Schnitterbaracke, ein Viehstall und eine Scheune evtl. auch zwei Scheunen gebaut werden.

Ostern 1939 war der geplante Einzugstermin für die Verwaltung, an deren Spitze der neuernannte Gutsverwalter Schmalfuß stand. Unterstützt wurde Schmalfuß durch die Gutsverwalter Görs und Schiff sowie durch die Angestellten Weißbach und Neugebauer. Das neue Zentrum des Vorhabens entstand auf dem Gemeindegebiet von Linum, und hierhin musste Garlipp per Post seine Anweisungen etc. schicken. Im April 1939, der Umzug war vollzogen, erscheint die Siedlungsbezeichnung Linumer Horst, es folgt Linum Horst. Unsere heutige Schreibweise Linumhorst fand ich erstmals in einem Schreiben vom August 1939. Meist wurde bis 1944 an Linum-Horst Post Kremmen adressiert. Ein Schreiben vom 2.11.1944 ging an die Luchsiedlung Linumhorst in heutiger Schreibweise.

Um eine ausreichende und geschlossene Fläche zu haben, musste Land beschafft werden.

Die Linumer waren 1937 in der Mehrzahl bereit, die Flächen jenseits des D-Grabens abzugeben. 30 Eigentümer erhielten Ersatzflächen, insgesamt 233,10 Morgen. Weitere Ersatzflächen mussten für Land, das man von Erbhofbauern haben wollte, erworben werden.

Dem Pfarrer Kahle, Linum, wurden für die Langen Kaveln 200,- RM je Hektar und für die Neuen Kaveln 400,- RM je Hektar geboten. Doch der Gemeindekirchenrat von Linum lehnte im Dezember 1937 den Verkauf ab. Es kam zu zähen Verhandlungen. Eine Beschwerde des Gemeindekirchenrats wurde schließlich vom Reichswirtschaftsministerium am 9.12.1938 abgelehnt. Die Enteignung der Flächen des Kantorats und der Küsterei, 4,0830 ha, und der Pfarrei, 37,7165 ha, war also "rechtens". Ebenso wurde eine Beschwerde des Meiereibesitzers Gustav Lemcke, Berlin-Wilmersdorf, der 13,1866 ha in Linum besaß, zurückgewiesen.

Einfach enteignet wurden zum Beispiel Flatower Landbesitzer. Sie hätten verkauft, wenn ihre Forderung, 150 RM je Morgen erfüllt worden wäre. Die "Eigene Scholle" wollte jedoch nicht so viel zahlen. In einem Zuge wurden enteignet:

10 Groß Ziethener Bauern gehörten zu den Lucheigentümern, die für ihr Luchland, hinter dem D-Graben gelegen, Austauschflächen bekamen. So erhielt Fritz Schindler für 152 Morgen 46 Morgen, Albert Engel für 158 Morgen 20 Morgen, Hermann Döring für 50 Morgen 10 Morgen und Fritz Moske für 103 Morgen 23 Morgen Austauschfläche.

Jedenfalls konnte die "Eigene Scholle" bis 1938 rund 550 ha Luchland ankaufen. Damit besaß sie zu dieser Zeit ca. 820 ha, rd. 94 ha mussten noch enteignet werden.

Auf dem Wege der Zwangsversteigerung gelang sie z. B.1938 auch in den Besitz des Landes der Zillmann-Erben an der Rhinschleuse, ca.25,52 ha.

In Kremmen gab es eine jüdische Familie namens Borchardt, die hier Land besaß. Auch dieses Land wollte die "Eigene Scholle" kaufen. Sie besorgte sich die entsprechenden Katasterauszüge und machte auf einem noch heute existierenden Messtischblatt die Borchardt gehörenden Flächen rot kenntlich und sicherte sich das Vorkaufsrecht.

Walter Borchardt wusste 1938, dass es ihm nicht gelingen würde, sein Land zu behalten und regte Bekannte an, sich um den Kauf zu bemühen. Ein Einwohner aus Kremmen-Amalienfelde, der durch Anstoß von Borchardt gern ein Stück Land gekauft hätte, erfuhr eine Ablehnung.

Sowohl Walter Borchardt in Kremmen wie Siegmund Borchardt in Berlin mussten ihr Land zwangsverkaufen, rd. 20 ha für 4100,- RM und rd. 50 ha für 7200,- RM. Aus den Unterlagen geht hervor, dass es bedauert wurde, dass man das Haus am Markt in Kremmen nicht mit- kaufen konnte.

Zurück zu Linumhorst. Im Großen und Ganzen hatte sich der Gutsbetrieb etabliert. 1938 arbeiteten 23 Arbeiter und Angestellte und 60 Arbeitsdienstleute für Linumhorst, 1939 gab es 26 Arbeiter und Angestellte und dazu 34 ausländische Wanderarbeiter und 25 Kriegsgefangene, 1940 zählte man 29 Arbeiter und Angestellte, 40 ausländische Wanderarbeiter und 20 Kriegsgefangene.

1941 hatte der Betrieb 23 Pferde und 72 Milchkühe, 2 Bullen, Kälber u.a. mehr. Er erhielt in diesem Jahr einen eisenbereiften 45-PS-Lanz-Bulldog mit 6-Gang-Getriebe und verzeichnete eine gute Hanfernte, die 98 400,- RM einbrachte. Von Linumhorst aus wurden in den Jahren bis Kriegsende jeweils 850 bis 900 ha bewirtschaftet.

Zum Kriegsende flüchtete Schmalfuß mit Deutschen und einigen italienischen Gespannführern vor der heranrückenden Front. Sie wurden von der Front überholt und kamen zurück nach Linumhorst in ein ausgeplündertes Dorf. Das Gut übernahmen die Russen, und es wurde von Flüchtlingen bewirtschaftet. 1946 verließen die Russen Linumhorst, und der Boden wurde unter deutschen Interessenten im Zuge der Bodenreform aufgeteilt. U. a. erhielten damals über 50 Neubauern Land. Über 70 Familien wohnten sich hier an. In kurzer Zeit wurden Fachwerkhäuser mit Wohnteil und Stall unter einem Dach vorwiegend aus Lehmziegeln errichtet. In den Schornsteinputz unseres Wohnhauses ist die Jahreszahl 1948 eingeritzt.

Richtfest der Schule aus LehmLinumhorster Schule

Neubauern städtischer Herkunft und andere Familien ohne Land verließen unsere Gegend, weil sie in der Stadt Arbeit fanden. Dazu kam, dass viele Leute das Abgabesoll nicht erfüllen konnten. Deshalb wurde im Jahr 1950 eine amtliche Umsiedlung vorgenommen. Das Land wurde neu verteilt. 22 Bauern verließen Linumhorst und gingen vor allem nach Falkenrehde und Karwesee. Ihre Häuser übernahmen andere Bauern oder sie blieben ungenutzt. Die Umsiedlung wie auch der Häusertausch fanden nicht immer Eingang in die Grundbücher. So ist mir bekannt, dass einige ihr Eigentum dadurch nicht nachweisen können. Einer der Bauern, die in Falkenrehde neu siedelten, haben noch heute Land hier.

1954 wurde die LPG "Ernst Goldenbaum" gegründet. 1956 vereinte sie sich mit der LPG "Clara Zetkin" zur LPG "Einheit" Kremmen. Im Zentrum von Linumhorst entstand ein Stall, in dem Teile der Tierproduktion untergebracht waren.


Der Unterricht für die Schulkinder wurde anfangs in einem Siedlerhaus (heute Nr. 7) abgehalten. Später wurde in Linumhorst eine eigene Schule gebaut. Als der Schulbetrieb aufgegeben wurde, weil es zu wenig Kinder gab, wurde hier die LPG-Kantine untergebracht und die Kinder gingen zunächst in Flatow, später in Kremmen zur Schule. Nach 1989 wurde aus der Schule eine Gaststätte, die Kranich-Schänke. Nach ihrer Schließung und dem Verkauf des Hauses wird dies privat genutzt.

Bis 1990 befand sich im Haus Nr. 7 die Linumhorster Konsum-Verkaufsstelle.

Bis Anfang der 80er Jahre fuhr von Linumhorst nach Oranienburg ein Bus.

Nach 1945 wurden die Meliorationsarbeiten fortgeführt und mündeten schließlich in der Aktion "Milchader Berlin". Im Zuge dieser Arbeiten wurde die bestehende natürliche Entwässerung der Wiesen durch das Zuschütten eines Dükers, der das im Winter und Frühjahr überschüssige Wasser ableitete, zerstört. Er wurde durch das energieintensive Pumpwerk Linumhorst ersetzt. Die Hoffnungen, die sich mit diesem Ausbau verbanden, erfüllten sich nicht. Linumhorst ist kein landwirtschaftliches Zentrum mehr. Die Stadt Kremmen war verwaltungsmäßig für Linumhorst zuständig, obwohl es katastermäßig zum Nachbarkreis gehörte. 1998 wurden die Kreisgrenzen verändert, und Linumhorst gehört nun zu Kremmen.

Heute leben direkt in Linumhorst 15 Familien, 7 Häuser werden vorwiegend an Wochenenden genutzt.

Heuballen Transport

Silvester1999 haben Linumhorster Bürger einen Verein gegründet, den "Bürgerverein Linumhorst e. V.". Seitdem hat sich die Infrastruktur des Ortes durch dessen Initiative sehr verbessert. Im Jahre 2001 wurde die fast vollständig zerstörte Straße instand gesetzt und die Straßenbeleuchtung erneuert. Seit 2003 gibt es in Linumhorst endlich Trinkwasser.


Pünktlich zum 70. Jahrestag seines Bestehens wurden im Zentrum von Linumhorst 7 stattliche Winterlinden gepflanzt.

(Quellen: Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Potsdam)

 

Linumhorst, 28. November 2008

Heinzpeter Thümmler

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